Trends 2020 … stay at home!!! Eine Zwischenbilanz / Part II

Ende März bekamen mein Balkon und Blumensamen eine völlig neue Bedeutung. Das Wetter war vielfach sonnig, was wohl für die Meisten unter uns eine kleine Belohnung für das ’staying at home‘ war und ein wenig zuversichtlich stimmte.

Im Drogeriemarkt hatte ich lauter kleine Tütchen mit Saatgut gekauft und so säte ich die kleinen Hoffnungsträger in Gefäßen auf meiner warmen Fensterbank aus. Die Nächte waren noch sehr kalt, aber die ersten Frühlingsboten ließen grüßen. Ich überlegte, wie ich die Zeit noch möglichst kreativ nutzen konnte. Aus der Nachbarwohnung hörte ich täglich Diskussionen einer Telefonkonferenz. Home office.

Meine Hände waren von dem vielen Gewasche schon ziemlich strapaziert. Täglich lief ich mit meiner tapfer ergatterten Sprühdose durch die Wohnung, um Türklinken zu desinfizieren. Von den täglichen Vitamin C Tabletten reagierte mein Magen natürlich sauer. Wenn ich ein leichtes Halskratzen spürte oder mehrmals am Tag niesen musste, geriet ich schnell in Panik und war erleichtert, wenn es am nächsten Tag wie von selbst verschwunden war. Oder ich draussen die Unmengen an Blütenpollen durch die Luft fliegen sah und mir Bekannte berichteten, dass gerade dieses Jahr ihre Allergie aufgrund der trockenen Witterung besonders übel ausfiel.

Ach ja, und ich rollte ab und zu morgens die Yogamatte aus, um mich zu stretchen, weil diese Zeit auch einlud, mehr zu essen und sich weniger zu bewegen. Mein Freund holte öfter Abendessen bei einem unserer Lieblingslokale und gleichzeitig vermissten wir es, uns aufzustylen, um schön auszugehen und zu tanzen. Die Gastronomen, die wir gut kannten und ihre To-go-Tüten in ihren leeren Lokalen schnürten, taten mir in dieser Zeit einfach leid.

Beim Spazierengehen hatte man schon Angst, die Polizei könnte einen ermahnen. Die Straßen waren ungewohnt leer. Nur in den Parks schienen die Menschen brav hintereinander her zu maschieren – auf Abstand. Fast jeder, der einem entgegen kam, beäugte einen kritisch, so nach dem Motto: Bist Du eine potentielle Gefahr? Eine Virenschleuder? Im Supermarkt wurde ich ungewollt schnippisch, sobald mir jemand zu nahe kam. Zukunfts- und Existenzängste kamen zu der Angst hinzu, sich anzustecken. Es waren immer die Gespräche mit den lieben Menschen um mich herum, die mir Energie und Zuversicht gaben, während ich weiterhin mehrmals täglich den Worldometer kontrollierte und sich in den sozialen Netzwerken die Menschen entweder weiter in Unruhe versetzten, das Virus abtaten oder sich in Zuversicht und Gelassenheit übten.

Meine Pflänzchen keimten und wuchsen – nebenher war ich so kreativ wie möglich. Ich überlegte, welche Branchen jetzt besonders vielversprechend waren. Und ich ertappte mich dabei, die Menschen zu beneiden, die von dieser Krise profitierten, ohne jemandem zu schaden oder politisch unkorrekt zu handeln. Zum Beispiel die eine erfolgreiche Youtuberin, deren Yoga-Videos ich anschaute und mitübte, um zuhause irgendwie aktiv zu bleiben. Oder die junge Mutter im Nachbarhaus, die ich jeden Tag vom Fenster aus im Frühlingserwachen mit ihrem Neugeborenen sah – eine liebevolle Harmonie ausstrahlend – während die Welt aus den Fugen geraten war. Und dann die Berichte über all die Multi-Millionäre, die in engen kleinen Zimmern oder Garagen damals ihre Ideen zusammenbastelten und große Visionen verfolgten, als keiner an sie glaubte und später rasant an allen vorbeizogen, die sie belächelt hatten.

Ich ging dann wieder raus, spazierte durch die Natur und schaute nach frischen Blütenzweigen, die meine Wohnung mit Farbe und Frühlingsduft erfreuten. Doch die geniale Idee, die Eingebung, wie ich diese Zeit des Abwartens und Vorsichtigseins in eine Zeit des kompletten Neu-Durchstartens umwandeln könnte, blieb aus. Viel häufiger plagten mich Gedanken, warum ich gewisse Möglichkeiten nicht bereits vorher genutzt hatte. Doch wer hatte ahnen können, dass ein Virus die Menschen auf der ganzen Welt derart beeinflussen und die Weltwirtschaft aus dem Tritt bringen würde? Wer hatte gedacht, dass ein Mundschutz im Alltag eine solche Bedeutung bekommen würde? Und dass es sich in den ersten Tagen anfühlte, als würde einem eben dieser die Luft zu Atmen nehmen, weil es einfach beklemmend war.

Wenn ich mal in den Bedauer-Jammer-Modus fiel und mir zuhause den Mundschutz wieder wegriss, fand ich tatsächlich eine innere Ruhe, wenn ich die kleinen Tomatenpflänzchen und Kräuter umtopfte und sie weiter wachsen sah. Oder einen Erdbeerkuchen zubereitete. Oder noch mal Joggen ging. Und endlich mal wieder ein farbenfrohes Bild in Acrylfarben auf Leinwand malte.

‚Flamingo’/ April 2020 / Acryl auf Leinwand 40 x 50 cm

Mich an den kleinen Dingen zu erfreuen, habe ich vor allem zwei Personen zu verdanken, die mir mit ihrer positiven Lebenshaltung genau diese Kraft mitgegeben haben: Das Beste aus einer Situation machen. Die Natur schätzen. Sich gesund ernähren, ohne auf Genuss zu verzichten. Sich bewegen und aktiv bleiben. Und möglichst immer seinen Humor und sein Lächeln behalten, um es als gute Energie seinem Umfeld zu schenken. Und auch wenn es nicht immer gelingt: Je öfter ich an die Einstellung dieser zwei geliebten Menschen denke, desto schneller hellt sich eine dunkle Situation auf und hilft mir, aus einem gefühlten Drama auch wieder eine Komödie zu schreiben.

Und dann, es war wie ein kleines Fest, als wir Ende Mai in unserem Lieblingsitaliener endlich wieder vor Ort speisten: Das Duetto aus Spaghetti-Scampi und Trüffel-Tagliatelle waren ein kulinarischer Hochgenuss. Neben uns am Tisch war ein Schild platziert: Reserviert für Corona.

P.S. Mittlerweile ist der Mundschutz für mich wie der der Schal im Winter. Was mir nur wirklich oft fehlt, ist das Lächeln, das man sich beim Einkaufen schenkt. Weil es uns Menschen verbindet und aufbaut. Das müssen dann eben der Blickkontakt und schöne Worte ausgleichen.


Trends 2020… aber dann kam Corona. Eine persönliche Zwischenbilanz / Part 1

Anfang des Jahres ist man üblicherweise voller Pläne und Tatendrang. Bei mir ist das zumindest so. Ich weiß, dass die guten Neujahrsvorsätze oft nach dem dem ersten Neujahrslauf (boah, ich fühle mich wie Rocky Balboa, der aufgrund seines harten Trainings den verschneiten Berg erklimmt) oder noch einem Zweiten wegen ‚zu schlechten, kalten Wetters‘ oder ‚ey, ik hab Rücken‘ vertagt werden. Zum Beispiel auf den (Vor-) Frühling.

Ach ja, in den Fitness-Studios ist es nämlich bekanntermaßen am Jahresanfang komplett überlaufen. Ich möchte nicht die Schweißtropfen eines stöhnenden Yoga-Nachbarn abbekommen. Es ist schließlich Erkältungs- und Grippezeit!!!! Ich passe einfach gut auf mich auf und für die Bikinifigur bleibt noch ein bisschen Zeit. Und dieser Winter ist irgendwie auch weder Fisch noch Fleisch. Wo bleibt das Winter-Wonderland? Die romantischen Abende auf dem zugefrorenen Kanal?

Ja, im März dann, perfekt, um dann endlich mit der supergeilen Instagram motivierten Morgenroutine zu starten. Die Vögel zwitschern, ich, meine Golden Milk oder ein Ingwertee (rein biologisch) in der Hand, die Yogamatte ausgerollt, Meditation, Achtsamkeit und ein bekanntes Fitnessmodel vor mir auf dem Computer, dem ich gleich nachturnen werde, um im Frühsommer meinen Traumbody am See zu präsentieren…. Ich atme tief ein und aus… und freue mich später auf einen veganen Snack… und träume mich so in meine Jahrespläne hinein…. Wirklich? Keine Ahnung, ich brauche auf jeden Fall meinen großen Milchkaffee mit ordentlich Koffein!

Ein Bewerbungsgespräch im Marketing artet in eine tiefenpsychologische Analyse meines Chefs in spe aus … ich fühle mich unwohl und denke mir: Nee, das passt nicht, aber jetzt mach einfach weiter. Das Jahr hat schließlich erst begonnen. Zwischendurch hört man in den Nachrichten irgendwas mit Corona. Klar, wieder in Asien. Was habe ich mich in all den Jahren schon mit der Schweinegrippe verrückt gemacht, als ich gerade in Miami war oder mit der Vogelgrippe, etc.

Anfang März geht’s dann los, aber anders …

Ich kam gerade mit einer Freundin von einem schönen Spaziergang und die hatte schon ordentlich Ängste geäußert und mir eine Flasche mit Desinfektionsmittel auf einer Café-Toilette entgegen gehalten. Ich dachte mir innerlich: Ist das nicht übertrieben? Doch in den folgenden Tagen, in denen ich eigentlich gerade richtig durchstarten wollte mit all meinen Plänen für 2020, überfluteten einen die Nachrichten. Pausenlos schaute ich mir die News an.

Mein Freund und ich gingen Anfang März noch mal auswärts italienisch Essen. Ich achtete auf ‚gut durchgekocht‘ statt Rohkost (schmeckt eh besser) und wusch mir zwischendurch hektisch die Hände. In dieser Zeit gingen bereits die Hamsterkäufe und eine Mischung aus Besorgnis und Aggression unter den Menschen los: In den Drogerie- und Supermärkten waren Seife, Klopapier und Desinfektionsmittel schnell ausverkauft. Viele versuchten das noch als ‚übertriebene Hysterie‘ zu belächeln (obwohl es einem innerlich mulmig war und man doch lieber ein paar Seifen mehr einpackte). Ein paar Tage später wagten wir es noch mal in ein Restaurant und als mich der Wirt umarmen wollte, erstarrte ich fast zur Salzsäule. Ich sagte: „Nein, wir müssen jetzt aufpassen.“ Daraufhin wurde ich ausgelacht. Wir tanzten am 07.03.20 ein letztes Mal vor der beginnenden Ausgangssperre in einer unserer Liebelings-Locations zu lauter Musik zwischen den anderen Gästen. Und da lag es schon in der Luft und keiner wollte es wahrhaben. Ich hatte trotzdem zum Abschied nur gewunken.

In der darauffolgenden Zeit überschlugen sich gerade in Europa die Ereignisse und Infektionszahlen. Und auch ich machte einen Hamsterkauf im Discounter, wo sich jeder um Klopapier zu bekämpfen schien, weil einem jeder sagte, man müsse mindestens zwei Wochen zu Hause versorgt sein, falls man nicht mehr raus darf oder kann. “ Die Zahl Zwei bekam eine neue Bedeutung: Zwei Wochen zu Hause bleiben können, bis zu zwei Wochen Inkubationszeit und ca. zwei Wochen mögliche Infektion. Zwei Meter Abstand, zwei Packungen sind besser als eine und zu zweit treffen nur im Notfall, weil wenn jemand zwei mal gehustet hat, ist er wahrscheinlich infiziert und … und …und …

Am Wochenende um den 21.03.20 bekam ich dann wirklich Beklemmungen, als Polizeiautos mit Lautsprecheransagen durch die Nachbarschaft fuhren und es unheimlich laut ertönte: Bitte bleiben Sie zuhause!!!! Die Stimme erinnerte mich an den Film 1984, bei dem mir schon damals in der Schule schlecht wurde. In diesem Moment dachte ich, eine Giftgaswolke sei über Stadt oder die Apokalypse hätte begonnen. Hubschrauber kreisten über dem Viertel. Ich begann zu weinen, weil ich das ganze Wochenende alleine war und es ja auch bleiben sollte. Was hatte das alles zu bedeuten? Die lieben Telefonate mit meinen Freunden beruhigten mich zumindest wieder ein bisschen… Meine Nachbarn und ich winkten uns an den Fenstern und riefen uns zu: Hoffentlich bleiben wir alle gesund! Pass auf Dich auf!